Aktuell 13.12.2017 (Archiv)
Zuwanderung bringt Innovation
Migranten gründen vermehrt innovativ und in wissensintensiven Branchen. Das ist eines der neuesten Ergebnisse einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung an der Universität Mannheim.Doch ihr Gründungspotenzial ist laut den Wissenschaftlern noch längst nicht ausgeschöpft. Laut Mikrozensus 2016 hat inzwischen jeder fünfte bis sechste Selbständige in Deutschland ausländische Wurzeln. Denn während die Zahl herkunftsdeutscher Selbständiger seit 2005 um 128.000 abgenommen hat, ist die Zahl der Selbständigen mit Migrationshintergrund um 189.000 gestiegen. Als Triebkraft für Gründungen erweist sich laut der Studie die wachsende Zahl an höher gebildeten Migranten. Sie beleben den Experten zufolge nicht nur die Gründungsszene, sondern verändern zunehmend auch deren wirtschaftliches Profil.
'Während Migranten früher oft Pizzerien, Dönerläden oder Gemüsegeschäfte eröffneten, spielen nun wissensbasierte Dienstleistungen eine immer größere Rolle. Das zeigt sich an der wachsenden Anzahl an selbständigen Ärzten, Anwälten, Unternehmensberatern und Ingenieuren', sagt Projektleiter René Leicht. Das hänge auch damit zusammen, dass Zuwanderer seltener aus ehemaligen Anwerbeländern, sondern vermehrt aus anderen Regionen der Welt nach Deutschland kämen - wie Asien, West- oder Osteuropa.
Auch an innovativen Gründungen - Unternehmen, die Forschung und Entwicklungen betreiben oder Marktneuheiten auf den Weg bringen - sind Migranten häufiger beteiligt als herkunftsdeutsche Selbständige. Vorteile haben Zugewanderte den Wissenschaftlern nach hier oft durch geschäftliche Netzwerke, die sie aus ihren Herkunftsländern mitbringen.
Das Team konnte zudem beobachten, dass immer mehr Migranten schon direkt nach der Einwanderung ein Unternehmen gründen oder bereits als Selbständige nach Deutschland kommen: Rund ein Viertel aller Neugründungen von Migranten erfolgt demnach 'adhoc'. Es sind auch seltener Notgründungen, denn nur acht Prozent der Zugewanderten gründen aus der Arbeitslosigkeit heraus. Das sei in früheren Zuwanderergruppen nicht der Fall gewesen.
Gleichzeitig deckt die Studie aber auch ungenutzte Gründungspotenziale auf: Als bedenklich schätzen die Autoren ein, dass der Gründungsboom auch unter Zugewanderten langsam nachlässt. Zwar steige die absolute Zahl der Selbständigen mit ausländischen Wurzeln nach wie vor, doch ihr Anteil an allen Erwerbstätigen mit Migrationshintergrund sinke.
'Das hängt mit dem attraktiven deutschen Arbeitsmarkt zusammen, der nicht nur Deutsche, sondern vermehrt auch hochqualifizierte Migrantinnen und Migranten in Arbeitnehmerverhältnisse lockt', so Leicht. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, würde dies das Gründungspotenzial von Migranten mittelfristig schwächen. Die wachsende Zahl an selbständigen Migranten werde zudem durch die Kurzlebigkeit vieler Gründungen - bedingt durch weniger Ressourcen und Bürokratie - gebremst.
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