18.12.2001 (Archiv)
Vorwiegend bedeckt
Insolvenzstatistik 2001, vorläufige Zahlen
Wie jedes Jahr blickt der KSV auf das abgelaufene Jahr zurück und lässt das Insolvenzgeschehen Revue passieren: 2001 ist sicherlich ein Jahr, das – vor allem bei Banken und Kreditversicherern – in schlechter Erinnerung bleiben wird: Großinsolvenzen, die in diesem Ausmaß nicht erwartet werden konnten, haben das Bild deutlich getrübt.
Noch ein Glück, dass so viele große Ausgleiche darunter sind, die den unbesicherten Gläubigern immerhin 40% Befriedigung ermöglichen sollen.
Der Mensch denkt und wer lenkt? Vor einem Jahr hatte der KSV prognostiziert, dass die Insolvenzen um ca. 10% auf 4.700 Gesamtpleiten sinken würden, und die Passiva auf ca. ATS 26 Mrd.
Heute stellt sich heraus, dass der Rückgang der Gesamtinsolvenzen nur 2,5% betrug und die Passiva aber um 30% gestiegen sind.
Was ist hier passiert? Hat sich die Prognose nun bewahrheitet oder nicht? Wie manchmal im Leben ist die Antwort nicht leicht zu geben: der Rückgang der Insolvenzen scheint einem Trend zu folgen, der letztes Jahr erstmals auszumachen war:
1999 dürfte der Zenit der Insolvenzentwicklung gewesen sein.
Seither sinken die Zahlen der Unternehmensinsolvenzen. Für das heurige Jahr berichtet der KSV insgesamt 5.213 Insolvenzen – bestehend aus 2.941 eröffneten Verfahren und 2.272 abgewiesenen Konkursanträgen.
Die Verfahrenseröffnungen liegen mit 14% über dem Vorjahr und daher deutlich entgegen der Prognose bzw. Erwartung aus dem Vorjahr: es hat eine Verschiebung von den abgewiesenen Konkursen hin zu Verfahrenseröffnungen stattgefunden. Zugleich haben die Ausgleiche eine „Renaissance“ erlebt, was zu einer Verdoppelung der beantragten Ausgleiche (bereinigt um Anschlusskonkurse) geführt hat.
Dass Prognosen falsch liegen können, liegt in deren Natur. Nachträglich prüft man dann, warum man falsch lag, bzw. was sich unerwartet ereignet hat. Folgende Trends haben sich 2001 ergeben, die so nicht abschätzbar waren:
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Einbruch des Wirtschaftswachstums zu Ende des ersten Quartals 2001
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Durchschlagen der Strafrechtsreform auf das Verhalten der Schuldner und ihrer Berater
Zum Wirtschaftswachstum ist nicht viel Neues zu sagen: seit Monaten trommeln Medien und Wirtschaftsprofessoren, dass weltweit eine Rezession vor der Türe steht, die auch vor Österreich nicht halten wird. Wirtschaftspolitische Maßnahmen (deficit spending) werden eingefordert, um die Wirtschaft wieder flott zu machen. Der KSV erwartet, dass die österreichische Wirtschaft im nächsten Jahr keine Bruchlandung hinlegen wird, sondern durchstarten kann. Folgende Gründe sprechen dafür: Energiekosten (Rohölpreis) deutlich gesunken, mehrere Zinssenkungen in den USA und in Europa, die eventuell noch nicht das Ende darstellen, Haupthandelspartner Deutschland hat nun doch positive Prognosen, Euro-Einführung wird nach einer Gewöhnungsphase den Tourismus stärken (höhere Ausgaben in der Heimwährung, Barriere gegenüber Nicht-Euro-Ländern). Der private Konsum hat in Österreich bisher noch nicht wesentlich ausgesetzt
Der zweite Faktor ist jedoch mindestens so wichtig: seit 1.8.2000 ist die Fahrlässige Krida soweit entschärft worden, dass mittlerweile nicht jeder Firmeninhaber oder Unternehmer fürchten muss, neben der Blamage einer Insolvenz und dem offen eingestandenen unternehmerischen Misserfolg auch noch bestraft zu werden. Die Grafik der Konkursabweisungen mangels Masse zeigt seit dem 4. Quartal 2000 eine deutliche Trendwende. Der KSV hält die Strafrechtsreform für einen wesentlichen Faktor, warum Unternehmer früher und aus eigenem Antrieb das Konkursgericht aufsuchen. Auch die Zahl der Ausgleiche (nahezu verdoppelt gegenüber 2000) könnte auf diese Tatsache zurückzuführen sein. Also letztlich ein Erfolg für die Unternehmer in Österreich, die gescheitert sind, und für die Gläubiger auch, denn sie erhalten eine gleichmäßige und durchwegs bessere Befriedigung, als in einem abgewiesenen Konkurs.
2001 kein annus horribilis der Konkursstatistik:
Weltuntergangsstimmung ist angesichts der Insolvenzzahlen nicht angesagt. Österreich hat seit Mitte der neunziger Jahre mehrere tiefgreifende Veränderungsprozesse durchgemacht, die teilweise noch nicht abgeschlossen sind: Abschied von der Verstaatlichten, Anschluss an den Wirtschaftsraum Europa, Vorbereitungen für eine gemeinsame Währung, Senkung des Haushaltsdefizits der öffentliche Hand. Diese „Rosskur“ für den Wirtschaftsstandort Österreich haben viele mittelständische Unternehmen nicht überlebt. Längerfristige Untersuchungen zeigen, dass spätestens seit 1995 die Insolvenzwelle hätte abflauen müssen, doch die neunziger Jahre haben sich nicht an das Verhaltensmuster früherer Jahre gehalten!
Die langfristige Insolvenzkurve zeigt nun, dass 1999 der Zenit überschritten wurde und seither die Zahl der Unternehmenszusammenbrüche nun das zweite Jahr gefallen ist. Einige Großinsolvenzen haben die Höhe der Verbindlichkeiten drastisch anschnellen lassen. Großinsolvenzen sind immer Teil des Insolvenzgeschehens, lassen sich aber praktisch nicht prognostizieren. (18/12/01)
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