02.09.2002

Zebrastreifen: Wo endet der Schutz?

Im Bereich von Schutzwegen passieren immer wieder tragische Unfälle.

Viele von ihnen könnten vermieden werden. 'Wenn sich ein Fußgänger bereits auf dem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, hat er Vorrang. Jeder Fahrzeuglenker - ausgenommen Straßenbahn - muss ihm das Queren gefahrlos ermöglichen', ruft ÖAMTC-Jurist Fritz Tippel in Erinnerung. 'Als Fahrzeuglenker ist man verpflichtet, sein Tempo anzupassen, um nötigenfalls anhalten zu können.'

Dass der Schutzbereich des Zebrastreifens nicht mit der weißen Markierung endet, wenn auch eine Fußgängerampel vorhanden ist, stellte der Oberste Gerichtshof (2 Ob 169/01v) in einer Entscheidung fest. Eine Grazer Fußgängerin querte eineinhalb Meter nach dem Schutzweg (aus Sicht eines herankommenden Autolenkers) bei Grünblinken die Straße. Schon fast auf der anderen Straßenseite angelangt, wurde sie vom Auto niedergestoßen und verletzt. Tippel: 'Der im Schritt-Tempo fahrende Pkw-Lenker und die Fußgängerin hätten den Zusammenstoß leicht verhindern können, aber sie hatten einander nicht wahrgenommen. Es kam zum Gerichtsstreit um die Verschuldensfrage.'

Dabei ging es um die Frage, wie weit der durch die Ampel geregelte Schutzbereich des Zebrastreifens geht - ist er auf die Bodenmarkierung begrenzt oder reicht er darüber hinaus? 'Das ist aus dem Gesetz nicht zwingend ableitbar', erläutert Fritz Tippel. 'Die abstrakte Grenzziehung einer geregelten Stelle ist nicht für alle denkbaren Fälle möglich, es kommt auf die Umstände im Einzelfall an.' Dort, wo für den durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer nicht mehr erkennbar ist, dass es sich um einen durch Lichtzeichen geregelten Fahrbahnteil handelt, ist die Grenze zu ziehen. Ebenfalls von Bedeutung ist, ob ein Fußgänger aus der Sicht des herankommenden Verkehrs die Fahrbahn vor oder nach dem Zebrastreifen überquert.

Der OGH stellte fest: Die Fußgängerin befand sich auch eineinhalb Meter nach dem Zebrastreifen noch in dessen ampelgeregeltem Schutzbereich. 'Sie war zwar auch verpflichtet, trotz des für sie grünen Ampellichts die Verkehrssituation zu beachten, es trifft sie aber kein messbares Mitverschulden. Der Lenker hätte nämlich leicht anhalten oder ausweichen können', sagt der ÖAMTC-Jurist abschließend.


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