Aktuell  21.10.2008

Aufarbeitung von Wahlproblemen

Der IAB-Austria hat gestern zur Podiumsdiskussion in Wien geladen, Vertreter von Parteien und wahlwerbenden Agenturen waren dem Aufruf aufs Podium gefolgt.

'Internet - die erste Wahl' war ganz im Zeichen erster Gehversuche der heimischen Parteien im Web, wenn es um das Nacheifern der Obama'schen Wahlwerbung online geht. Und zeigte gleichzeitig auch die Probleme im Umgang mit dem Medium im Spannungsfeld zwischen Web 2.0 und Werbung.

So war die eine Seite, vertreten durch Paradeblogger Helge Fahrnberger und Grün-Onliner Christoph Chorherr, ganz dem Mitmach-Web verschrieben. Sie forderten eine demokratisierte Masse an Online-Usern, die dem aktiven Web folgen und Meinungsbildung in Social Media selbst leben. Ihre Ansicht war klar und einleuchtend - und zumindest genau so enthusiastisch vertreten.

Die andere Seite, die Wahlwerbung im Internet vertreten sollte, argumentierte jedoch in die gleiche Richtung. Niko Alm und Thomas Holzhuber als Agenturvertreter (Grüne/Lif) sowie die Online-Parteivertreter für SPÖ/ÖVP Manfred Lamplmair und Gerhard Loub waren hier am Podium. In der Annahme, dass 'alle' User online auch erreicht werden können, wurden eigene Videoplattformen der Parteien, Blogs der Spitzenvertreter und andere 2.0-ige Elemente als Wahlwerbung 'verkauft'. Selbst Google-Textanzeigen standen hier für Werbung - als ob eine Mehrheit der User von sich aus nach politischen Themen suchen würden, um sich Meinung bilden zu können.

Die Wahrheit dürfte wohl das Gegenteil zeigen - Statistiken zeigen, dass nur ein verschwindend geringer Anteil der User aktiv ist, postet und im Web 2.0 zuhause ist. Die Argumentation mit Usern auf Parteiwebsites und Klicks in Foren ging da ins leere, wo der Wunsch nach Kommunikation an die potentielle Zielgruppe im Vordergrund hätte stehen müssen. Dass gezeigte Budgetverteilungen, die mehr Geld für Websites budgetierten statt für Kampagnen, die User erreichen, rief im Publikum Raunen hervor.

Und so kam die Diskussion einer Aufarbeitung der Fehler der Wahlwerbung im Internet durch das Publikum gleich. Statt vermeintliche Kommunikatoren des Web 2.0 zu erreichen wäre die Werbung besser vor der Zielgruppe gewesen, statt eigene Partei-Plattformen zu gründen sollten Medien in ihrer Funktion eingesetzt werden, war die Forderung der Branche.

Und so zeigte sich auch in dieser Veranstaltung, dass am Stellenwert und der Positionierung des Internet als Werbeträger noch gearbeitet werden muss. In der Wirtschaft genauso wie in der Politik, die exemplarisch in der Diskussion gestern Äpfel und Birnen nicht auseinanderhalten konnte - und wollte. Genau für diesen Fingerzeig war die Diskussion gelungen und lieferte Argumentationsmaterial für die nächste Wahl, die dann hoffentlich die Lehren zieht.


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