Aktuell 17.07.2009
Zu diesem
Schluss kommt eine Studie der Universitäten Montreal, die in der Zeitschrift Journal of Child
Psychology and Psychiatry veröffentlicht wurde. 20 Jahre lang - vom
Kindergarten- bis ins Erwachsenenalter - interviewten die Forscher dazu
in regelmäßigen Abständen 800 Burschen. Diese entstammten aus 53 Schulen
ärmerer Wohnvierteln Montreals und hatten Risikofaktoren für
Kriminalität bereits in die Wiege gelegt bekommen - etwa soziale
Benachteiligung, schlechte Versorgung und zweifelhafte Freundschaften.
Aus den Lebensläufen der Untersuchten hofften die Forscher, Rückschlüsse
für Auslöser einer kriminellen Karriere zu erhalten.
Als die Untersuchten um die 25 Jahre alt waren, besaß jeder sechste
bereits einen Eintrag im Strafregister, für Verbrechen wie Mord (18
Prozent), Brandstiftung (31 Prozent), Prostitution (25 Prozent),
Drogenbesitz (16 Prozent) oder Autofahren unter Beeinträchtigung (neun
Prozent). Die beforschten Faktoren bestätigten sich einerseits als
typische Wegbereiter der Kriminalität. Als 'Überraschung' bezeichnet
Studienautor Richard E. Tremblay jedoch das Ergebnis, dass
Interventionen des Jugendgerichtes die kriminelle Ader der Untersuchten
weiter verschlechterten statt Verbesserungen zu erwirken. 'Je mehr
Interventionen seitens des Gerichts kamen, desto schlimmer war deren
Wirkung, obwohl das Jugendgerichtssystem in Quebec einen sehr guten Ruf
genießt. Gruppendynamiken machen Kriminalität ansteckend', so die
Erklärung des kanadischen Psychologen, Pädiatrist und Psychiater.
'Diese Erkenntnis überrascht zwar, neu ist sie leider nicht', betont der
Bielefelder Sozial- und Jugendforscher Klaus Hurrelmann
im pressetext-Interview. Es bestehe eine starke
Diskrepanz zwischen Ansprüchen der Öffentlichkeit und der betreffenden
Person. 'Unser Gerechtigkeitsempfinden sagt, dass jugendliche Kriminelle
scharf bestraft werden müssen, was bis zum Alter von 21 Jahren Aufgabe
der Jugendgerichte ist. Das Gefängnis entfernt die Betroffenen für
bestimmte Zeit aus der Öffentlichkeit, hat für sie jedoch besonders
verhängnisvolle Nebenwirkungen und Langzeitfolgen.'
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