Geld & Finanzen  31.10.2009

Dollar wird verlieren...

Wirtschaftsweise und Finanzexperten wärmen derzeit nicht neue, dennoch aktuelle Theorien zur künftigen Gestaltung und vorgeblich überfälligen Reform des weltweiten Geld- und Währungssystems wieder auf. Der Dollar als Weltleitwährung kommt unter Beschuss.

Nicht nur die akute und besonders für die exportorientierte europäische Wirtschaft bedrohliche Dollarschwäche sowie die Angst vor einem wirtschaftlichen Double-Dip lassen die Forderungen nach einem neuen Weltfinanzsystem laut werden. Darüber hinaus strotze das aktuelle Geldsystem vor Schwächen - Kollaps vorprogrammiert.

Neues Geld wird großteils in Form neuer Schulden durch weitgehend unbesicherte Kredite von privaten Banken ausgegeben, statt die Geldschöpfung einer demokratischen Kontrolle durch die Zentralbanken zu unterstellen. Allen Währungen voran sorgen die USA beim Dollar für eine regelrechte Geldschwemme. So wurde die Geldmenge im Jahr 2008 verdoppelt - ein Pyramidenspiel, das 'immer in einem Kollaps der Leitwährung endet', schreibt Tobias Plettenbacher, Experte für komplementäre Währungssysteme, in einem medianet-Beitrag.

Der Dollar sei daher als Weltleitwährung durch eine freie Weltwährung abzulösen, deren Grundlage die Handelsbilanzen aller Länder bilden. Von Ewald Nowotny, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, heißt es auf Anfrage von pressetext hingegen, dass in zehn Jahren wahrscheinlich 'mehrere wichtige Währungen' als Träger für Handels- und Währungsreserven dienen werden. Diese würden die politischen Entscheidungsträger vor neue Herausforderungen stellen, um Bewegungen in den Devisenmärkten zu vermeiden.

Das globalisierungskritische Netzwerk attac fordert neben einer weltweiten bzw. EU-weiten Finanzmarktaufsicht beispielsweise eine Weltreservebank und eine Weltreservewährung mit 'absolut stabilen Wechselkursen', worauf sich die Weltwirtschaft stützen könne. In der öffentlichen Debatte wird als Alternative zum Dollar derzeit auch ein vom IWF verwalteter Korb aus mehreren Währungen diskutiert, deren Durchschnitt als Reservewährung dienen könnte.

Aufgrund des Zinseszinseffekts wachsen sowohl Vermögen als auch Schulden im Vergleich zur realen Wirtschaftsleistung und der Lohnentwicklung exponentiell an. Reiche werden auf Kosten der Armen immer reicher, während Sozialprodukt und Löhne zurück bleiben. Je größer Geldvermögen und Schulden werden, umso rascher wachsen sie, 'bis sie faktisch explodieren', so Plettenbacher. Unser unersättliches Geldsystem müsse rein rechnerisch etwa alle 60 Jahre zum Zusammenbruch dieses Pyramidenspiels führen.

Dem Experten zufolge sind 100 Prozent aller Kredite durch Nationalbankgeld zu decken, wodurch das exponentielle Vermögens- und Schuldenwachstum gestoppt und Kaufkraft sowie soziales Gleichgewicht wiederhergestellt würden. Durch eine vollständige Besteuerung der Zinsen könne die Geldmenge reduziert oder gleichmäßig an die Bevölkerung umverteilt werden. Die Nationalbank wäre somit in der Lage, die Geldmenge zu steuern und Inflation bzw. Deflation zu verhindern. Die Monetative müsste in Form der Nationalbank in Folge ihrer Stärkung als vierte demokratische Säule des Staates installiert und demokratisiert werden.

Neben der globalen und nationalen Reform bedürfe es außerdem regionaler Maßnahmen durch komplementäre Währungen, die abseits von Zinsen und Inflation nach anderen - sozialen und ökologischen - Spielregeln funktionieren. Die Bereitschaft zu Reformen sei trotz bankrotter Staaten bisher offenbar jedoch nicht vorhanden, so Plettenbacher. 'Der Leidensdruck ist noch zu gering, doch das kann sich rasch ändern.'

pte


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