Aktuelles  26.06.2010

Schlechte PR: Thalia und der Mitbewerb

Wie schnell man heute selbst als sehr großer und höchst aktiver Konzern in der Meinung der Menschen untendurch sein kann, zeigt ein aktuelles Beispiel: Thalia gegen Buchhandlung Ennsthaler. Der Goliath und ein David aus Steyr.

Die Mechanismen sind dabei schon lange nicht mehr die, die einst für Firmen wichtig waren. Früher wurden die wichtigen Journalisten hofiert, der Kontakt zu großen Verlagen und Herausgebern gepflegt. Investigative konnten dann schon die eine oder andere Schlagzeile bringen, doch ansonsten kontrollierten große Presseabteilungen das, was am Kiosk ankam, recht gut.

Zuletzt änderte sich die Lage dramatisch, wie schon einige Konzerne sehen mussten. Die Schleckers und Liedls dieser Welt haben es plötzlich nicht mehr mit einer Handvoll Meinungsmachern zu tun, die man zufriedenstellen musste. Sie haben es mit dem Internet zu tun, das man nicht kontrollieren kann.

In diesen Tagen ist es Thalia, wo man keine richtigen Schlagzeilen machen musste, um trotzdem Boykott-Meldungen aus allen Himmelsrichtungen zu erhalten. Was geschehen war, ist simpel: Eine Buchhandlung samt kleinen Verlag aus Steyr in Österreich sieht sich von Thalia erpresst - der Konzern möchte den Standort und Umsatz in Steyr haben und nimmt daher die Bücher des Verlags aus dem Programm, gleichzeitig aber Kontakt zu den Autoren und Partnern auf. So meldet das der Verlag Ennsthaler.

Die Thalia-Filiale ums Eck bringt auf der Website eine Gegndarstellung, die unter Bloggern als halbherzig bis hin zum Schuldeingeständnis gewertet wurde. Sollen kleine Buchhandlungen etwa aus dem Geschäft gedrängt werden?

Was nun einsetzt - egal wie wahr und aufrichtig die Darstellungen im Web sein mögen - ist eine Welle der Sympathie für die Buchhandlung. Und eine eben so große Welle der Empörung über die Konzerne, deren Stellvertreter Thalia boykottiert werden solle. In Facebook und Twitter verteilen die Menschen schon eifrig die Links. Ennsthaler hatte noch nie so viel PR, möchte man annehmen. Und Thalia scheint der PR nicht Herr zu werden, nachdem Blogger bereits melden, dass sie von dem Unternehmen zur Löschung der Beiträge aufgefordert werden - und trotzdem immer mehr Postings erfolgen.

Wir merken uns: PR ist heute hauptsächlich eine gelenkte Meinungsbildung im Internet und nutzt die Werkzeuge des Social Web. Kann man diese Klaviatur nicht bedienen, ist man schnell vor einer unkontrollierbaren Masse an Sprechern und kann nur noch versuchen, den Schaden zu begrenzen. 'Konzerne' haben es in einem solchen Szenario durchaus schwer, zu Wort zu kommen - und die kleinen Davids haben die bessere Geschichte und die Sympathie auf ihrer Seite gepachtet. 'Public Relations' verändert sich immer stärker und gibt der Masse mehr Gewicht, als es sich selbst die Optimisten im Web 2.0 vor einigen Jahren gedacht hatten.

So nebenbei bemerkt bekommt die Geschichte natürlich trotzdem noch Schlagzeilen in den 'großen Medien'. Als Reaktion auf die Empörung in der Blogosphäre folgen die Themen nun auch in den klassischen Medien an prominenter Stelle. Auch hier erfolgen Schlagzeilen unkontrollierbar, da der Ursprung es genausowenig ist.


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#Public Relations #Web 2.0 #Social Media #Buchhandlung #Thalia

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