Politik  28.12.2010

Politik oder Patriot

Experten fordern eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der EU, damit in Europa die Stärke des Euro und das Abdriften von Ländern verhindert werden kann. Die einzelnen Länder wehren sich dagegen. Oder etwa nur die machthabenden Politiker?

Eine 'gemeinsame Wirtschaftspolitik' klingt sehr weich und erlaubt es den Regierungen, diese als 'ein wenig Harmonisierung' zu deuten - was fortan auch alle Landeschefs in ihren jeweiligen Ausprägungen (also alle anders) getan haben. In Wahrheit ist aber eine gemeinsame Wirtschaftsregierung gefordert, die die Kompetenzen aus den Ländern abzieht. Schließlich ist nur dann eine homogene Vorgehensweise ohne nationale Eigenwege möglich. Das europäische Parlament hierzu aufzuwerten oder entsprechende (demokratische!) Institutionen zu schaffen wird von den Ländern der EU weitgehend abgelehnt.

Um genau zu sein: Es wird von den herrschenden Regierungen abgelehnt, die ihre Kompetenzen in diesem Bereich nach Brüssel abgeben müssten. Und Macht gibt man nicht gerne ab, wie sich in Österreich auch zwischen Bundesländern und Bund zeigt. Das gleiche Spiel wird zwischen Bund und Europa gespielt. Mit gleichen Konsequenzen und Problemen.

Den Bürgern der Länder muss dabei aber klar gemacht werden, dass es nicht um ein Abgeben ihrer Macht geht, sondern nur um eine neue Zuteilung. So, wie es im Prinzip egal ist, ob der Landeshauptmann oder die Bundesregierung bestimmte Kompetenzen hat - die Kompetenz muss nur sinnvoll zugeordnet sein und möglichst nicht doppelgleisig vergeben werden (Schul-Diskussion läßt grüßen).

In einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit gemeinsamer Währung und einem internationalen Wettbewerb, der ein gemeinsames Europa zwingend macht, sind nationale Interessen in der Wirtschaftspolitik zweitrangig. Es ist an der Zeit, hier Europa mehr zu fordern. Und das nicht durch lächerliche Konvergenzvorgaben an die Länder, die sich ohnehin nicht daran halten und dann in jedem Land getrennte Wege zum Ziel gehen (wieder: doppelgleisig und ineffizient), sondern durch eine starke gemeinsame Wirtschaftsregierung mit dem notwendigen Handlungsspielraum.

Uns Menschen der EU kann es egal sein, wo unsere demokratische Vertretung Entscheidungen trifft - dass es den Machthabern der Länder nicht egal ist, sollte uns zu denken geben. Die EU wäre auch nicht die schlechteste Lösung, um aus dem erstarrten Reformprozess der Länder auszubrechen. Und sie garantiert durch gemeinsames Vorgehen, dass niemand sich 'illegale' Vorteile in Europa verschaffen kann - dagegen aber die Stärke in der Weltwirtschaft auch umgesetzt und positioniert werden kann. Das wird Europa in den kommenden Jahren brauchen, um seinen Bürgern Wohlstand zu sichern. Kleinkarierte Machtstreitigkeiten zwischen den Ländern der EU dagegen brauchen wir sicher nicht.


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