Medien  08.07.2011

News of the world: Super-GAU

Der Skandal um die englische Zeitung 'News of the world' bedroht nicht nur das Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch, sondern auch den gesamten Berufsstand der Journalisten.

Dem Blatt, das zu den auflagestärksten Englands zählt, wird das Abhören der Handys Prominenter sowie von Verwandten von Verbrechensopfern vorgeworfen. Wie Murdoch soeben bekannt gab, wird das Medium nach 168 Erscheinungsjahren am Sonntag eingestellt.

Der investigative Journalismus der 'News of the world'-Redakteure sei kaum vernünftig, urteilt der Münchner Kommunikationswissenschaftler Klaus Forster. 'Jeder Journalist will aufdecken und eine interessante Story schreiben. Zu fragen ist jedoch, um welchen Preis?' Arroganz sei in Äußerungen von 'News of the world'-Journalisten gegenüber Reuters zu erkennen, niemand aus der Redaktion habe etwas Unrechtes getan. 'Was hier durchdringt, ist die Haltung: Wir haben die Daten und Abhörprotokolle und greifen sogar auf die Mailbox ein. Doch welche Folgen das hat, geht uns nichts an.'

Diese Abkopplung von der Realität gehöre zu den Hauptproblemen des Journalismus im angelsächsischem Sprachraum, so Forster. 'Weit verbreitet ist hier das Ideal eines Journalismus, der neutral und objektiv über den Dingen steht. Streift er dabei alle Verantwortlichkeit für sein Tun und die Vorgangsweise ab, so heißt das die Öffentlichkeit niemals gut. Journalismus als Selbstzweck kann nur fatale Folgen haben.'

Die offensichtlichsten Schäden seien jene für die Zeitung und deren Mutterkonzern, der bereits jetzt mit Rücknahmen von Anzeigen zu kämpfen hat. 'Für Murdoch ist dies ein Super-GAU, nicht nur weil die juristische Aufarbeitung und Schadensersatzforderungen bis New York weitergehen könnten. Untergraben werden damit auch seine Bemühungen, neue Gebiete wie etwa Online-Journalismus als Geschäftsfeld zu erschließen oder mehr Seriosität zu erreichen, was ihm etwa durch den Kauf des Wall Street Journals gelang.' Der drastische Schritt der Schließung sei offensichtlich der Versuch, den Schaden zu begrenzen.


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