Aktuell  25.07.2011

Amokläufer nicht zu Helden machen!

Obwohl der Osloer Amoklauf weltweit für enormes Informationsbedürfnis sorgt, sollten sich Medien davor hüten, zu Handlangern des mutmaßlichen Täters zu werden. Erlaubt man ihm, sich selbst zu inszenieren, erreicht er damit nur sein Ziel.

Zudem erhöht die Täter-zentrierte Darstellung das Risiko von Nachahmung, betonen Spezialisten für Gewaltprävention gegenüber pressetext infolge des Massakers in der norwegischen Hauptstadt und auf der Insel Utoya. Mindestens 93 Menschen kamen dabei am Freitag der Vorwoche ums Leben.

Die breite Darstellung in den Medien gehört zur Strategie des Todesschützen, vermutet Jens Hoffmann, Leiter des Instituts für Psychologie und Bedrohungsmanagement. 'Dass er lebend gefasst wurde, sowie auch die Ankündigung, vor Gericht in Uniform zu erscheinen, deutet darauf, dass er berühmt werden will. Leider brachten die Medien bisher tatsächlich seinen Namen, das unverpixelte Gesicht und weitere Fotos des Täters', so der Experte.

Selbstmord und Medien

Besser beforscht ist diese gefährliche Wirkung von Medienberichten bei Suizid, wo die Nachahmung als 'Werther-Effekt' bezeichnet wird. Wiener Medienforscher haben kürzlich den 'Papageno-Effekt' proklamiert, der statt Nachahmung Schutz vor der Tat bewirkt. 'Im Fall von Amok würde dies heißen, dass Medien über Menschen berichten, die von Überlegungen zu Amok abgekommen sind, ihre Krise überwunden und einen normalen Weg eingeschlagen haben', so der Kommunikationswissenschaftler Benedikt Till.

Till drängt darauf, dass sich Medien nicht nur bei Suiziden, sondern auch bei Amokläufen aktiver für die Vermeidung von Nachahmern engagieren. 'Völlig falsch ist eine Romantisierung und Idealisierung, die bei Amok ohnehin ausgeschlossen sind. Günstig wäre aber auch, keine Details über Vorbereitung und Hergang der Tat zu liefern, sowie Motive nicht zu verallgemeinern. Ebenso wie bei einem Suizid nicht eine Scheidung oder Gewaltspiele die Ursache sind, gilt auch bei Amokläufen, dass die Realität stets viel komplexer ist als die Aussagen des Täters vermuten lassen.'

pte/red


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#Attentat #Terror #Phsychologie #Medien

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