Aktuell  03.02.2012

ORF, Facebook und das Gesetz

Die aktuelle Debatte rund um das ORF-Gesetz und die Aktivitäten in Facebook ist heftig, aber nicht tiefgründig genug. Und sie ist überflüssig.

Das aktuelle ORF-Gesetz beschneidet den Spielraum für den ORF in anderen Medien, insbesondere auch im Internet. Der Hintergrund: Der ORF erhält Gebühren und wird vom Staat stark bezuschusst. Andere Medien im Wettbewerb, die diese Vorteile nicht haben, haben entsprechende Wettbewerbsverzerrung zu erleiden - mit ein Grund, warum die Medienvielfalt im Lande Österreich so rückständig ist.

Im Internet könnte ein freier Medienmarkt entstehen, nachdem es dem ORF ohnehin lange erlaubt war, sich hier auszubreiten und auch online eine Führungsrolle zu übernehmen. Die Politik hat zuletzt Einschnitte gemacht, etwa die FuZo verkauft, Foren geschlossen und Aktivitäten limitiert. Gut so, denn der frei gewordene Platz ist für freie Anbieter verfügbar. Schließlich geht es um Anteile am Werbekuchen und die Finanzierung privater Angebote.

Der ORF ist auch da der harte Mitbewerber, der den Status Quo einzementiert. In anderen Ländern werden Werbeerlöse viel wirtschaftlicher und effizienter verteilt, als in diesem so monopolisiertem Markt. Klar, dass Verleger und private Anbieter zumindest froh sind, wenn dem ORF nicht noch mehr Rechte zugebilligt werden.

Nicht klar ist, warum der ORF das eigenlich eindeutige Gesetz hinsichtlich seiner möglichen Angebote in Facebook und Co. so offensichtlich missachtet. Noch weniger verständlich ist auch die Reaktion der Politik, die nach der Missachtung nun auch nicht auf die Durchsetzung des Gesetzes sondern dessen Änderung pocht. Man möge dem ORF den Zugang zu Facebook nicht versperren, ist der Tenor.

Damit bringt der ORF aber noch einmal mehr Druck auf den Markt, denn User in Facebook und Twitter sind für den heimischen Werbemarkt verlorene Leser. Die Erlöse aus Werbung gehen in die USA, die Aufenthaltzeiten auf lokalen Medien geht runter. Nicht ohne Grund wurde dem 'Leitmedium' ORF der Zugang zu Social Networks beschränkt.

Und damit kommen wir zum Kern der Diskussion, der zu wenig Beachtung findet: Der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender ist sowohl in staatlicher Besserstellung als auch als Wettbewerber um Leser und Werbegelder am Markt. Das verzerrt den Markt. Um eine Privatisierung und damit Gleichstellung am Markt oder um eine Entfernung vom (Werbe-) Markt wird die Politik langfristig nicht herum kommen, will man die ewigen Probleme in der Medienlandschaft beenden. Nur dann kann ohne Verzerrung und Einschränkung von beiden Seiten agiert werden.


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#ORF #Gesetz #Recht #Österreich #Facebook

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