Zahlen & Daten  25.04.2012

Die tägliche Stunde Datenschutz...

Ein durchschnittlicher Internet-Nutzer müsste jährlich rund 250 Stunden aufwenden, um alle Datenschutzerklärungen, die er im Netz akzeptiert, zu lesen. Klar, dass das auf diese Art nicht funktionieren kann.

Zu diesem Schluss kommt eine US-Studie von Aleecia M. McDonald und Lorrie Faith Cranor von der Carnegie Mellon University. Die mittlere Länge einer Privacy Policy beträgt laut den Autoren der Arbeit rund 2.500 Wörter.

'Die Texte sind viel zu lang und schwer verständlich. Standardisierung und Vereinfachung wären ein probate Mittel, um die Situation zu verbessern. Leider ist in den letzten Jahren nicht viel passiert', sagt Florian Mair vom Online Verbraucherschutz. Die Länge der Datenschutzrichtlinien schwankt zwischen 144 und 7.650 Wörtern. Bei einer Lesegeschwindigkeit von 250 Wörtern pro Minute dauert das Lesen einer durchschnittlichen Erklärung etwa acht Minuten.

Ein durchschnittlicher User braucht jährlich 30 Arbeitstage, um die Richtlinien aller besuchten Webseiten zu lesen. Selbst das bloße Überfliegen der Texte nimmt 154 Stunden in Anspruch. Bei sparsamer Internetnutzung würde das Lesen der Richtlinien 181 Stunden, bei verschwenderischem Surfen 304 Stunden beanspruchen. In den USA würden bei korrektem Vorgehen aller Bürger jährlich 53,8 Mrd. Stunden aufgewendet.

'Das Juristendeutsch der Bestimmungen macht das Erfassen und Verstehen schwierig. Zum Verständnis braucht ein Durchschnittsuser einen Anwalt. Das gilt auch für AGBs, EULAs und andere Erklärungen. Ein intelligenter User sollte so etwas eigentlich nicht unterschreiben', so Mair. Aus Bequemlichkeit bestätigen die meisten Internetnutzer die Richtlinien aber dennoch. Durch den absurden Aufwand, den eine tatsächliche Lektüre samt Interpretation und eventuellen Vergleichen benötigt, sind die Datenschutzrichtlinien momentan lediglich ein sinnloses Feigenblatt für die Betreiber von Internetdiensten.

'Nutzer müssen in der Lage sein, den Diensten ihrer Wahl zu vertrauen. Derzeit tragen Datenschutzrichtlinien nichts dazu bei. Der Gesetzgeber nimmt sich der Problematik ebenfalls zu wenig an und wenn es neue Gesetze gibt, wird alles meist noch komplizierter', so Mair. Für die Unternehmen bedeuten schwammig formulierte, überlange Richtlinien größeren Spielraum im Umgang mit Nutzerdaten. 'Jedes Unternehmen versucht, den gesetzlichen Rahmen auszuschöpfen. Gerade bei Alltagsservices sollten die Richtlinien für den Durchschnittsanwender klar verständlich sein. Das Thema liegt uns sehr am Herzen und wir setzen uns weiter intensiv für eine Verbesserung der Situation ein', erklärt der Experte.

pte/red


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#Datenschutz #Recht #Gesetz #Studie

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