Aktuell  22.02.2013

Roboter wie Heuschrecken

Britische Forscher haben ein System für die Navigation autonomer Roboter entwickelt, das Eigenheiten des Sehens bei Heuschrecken nachempfunden ist. Es geht also um eine effektivere Kollisionsvermeidung.

Diese können dank spezieller Neuronen blitzschnell auf nahende Objekte reagieren. Eine Nachbildung dieses Sehorgans erlaubt Robotern nur aufgrund visueller Reize zu navigieren. Diese Form des Computersehens hat langfristig großes Potenzial. 'Es könnte Fahrzeugen erlauben zu verstehen, was auf der Straße passiert und schneller zu reagieren', erklärt Shigang Yue, Informatikprofessor an der University of Lincoln.

Heuschrecken haben einen speziellen visuellen Schaltkreis, das sogenannte LGMD-Neuron (Lobula Giant Movement Detector). Es warnt die Insekten beispielsweise beim Angriff eines Räubers sehr effizient vor der möglichen Kollision - die ebenso potenziell tödlich enden würde wie ein Zusammenstoß im Straßenverkehr. Das macht das Neuron zu einem interessanten Vorbild für Computersysteme wie jenes, das Yue in Zusammenarbeit mit Claire Rind, Neurowissenschaftlerin an der Newcastle University entwickelt hat.

Bei der Navigationslösung für Roboter analysieren zwei dem LGMD nachempfundene Sensoren ihr Blickfeld und machen relevante visuelle Reize aus. Diese Daten bilden dann die einzige Entscheidungsgrundlage für eine einfache motorische Steuereinheit. Im Experiment konnten die Forscher zeigen, dass ein Roboter mit diesem System tatsächlich durch mit Bauklötzen vorgegebene Gassen navigieren, auf eine in den Weg gehaltene Hand reagieren und auch ein bewegtes Hindernis umfahren kann - und das ganz ohne komplexe Radar- oder Infrarotsensoren oder gewaltige Rechenleistung.

Im Prinzip beruht das Roboter-Navigationssystem also darauf, Zusammenstöße zu vermeiden - was auch auf größerem Maßstab interessant ist. 'In Zukunft wollen wir das auf Kollisions-Vermeidungssysteme in Fahrzeugen anwenden, die eine große Herausforderung für die Automobilindustrie darstellen', sagt Rind. Denn bisherige Lösungen seien eher im Luxussegment zu finden, ziemlich teuer und teils trotzdem nicht besonders gut. Der Heuschrecken-Ansatz könnte Abhilfe schaffen.

Freilich ist das noch ein Fernziel, für das noch viel Arbeit nötig ist. Für den urbanen Straßenverkehr, wo sich praktisch ständig Objekte aus allen Richtungen nähern, würde das jetzt im Roboter getestete System wohl zu sprunghaft reagieren. Doch hoffen die Forscher, dass das nur der erste Schritt auf einem Weg war, an dessen Ende Kollisionsvermeidungs-Systeme stehen werden, die menschliches Versagen als Risikoquelle eliminieren.

pte/red


Weiter in der Web-Version mit Fotos, Videos, Links und mehr...

#Forschung #Sicherheit #Auto #Wissenschaft #Heuschrecken #Unfall #Assistenz

Auch interessant!
Bionische Technologie
Forscher haben eine bionische Hand geschaffen, die Patienten mit Amputationen das Gefühl in den Fingern w...

Mini-Raumschiffe ins Weltall
Statt großer Sonden oder ganzer Raumfähren wollen findige Entwickler nun lieber Mini-Technologie auf ande...

Reifensensoren und Fahrzeuggewicht
Die Frage nach der maximalen Zuladung eines Autos stellt sich im privaten Umfeld gerade vor langen Urlaub...

Computer werden sinnlich
IBM hat zum siebten Mal seine '5 in 5' veröffentlicht - fünf Vorhersagen, welche innovativen Technologie...

Unfälle per Notbrems-Assistent verhindern
Moderne Notbrems-Assistenzsysteme für Autos können jeden 13. Auffahrunfall komplett verhindern, so das Er...

Fußgänger per WLAN sicherer
US-Autohersteller General Motors (GM) arbeitet an einer direkten Kommunikationsmöglichkeit für Autos mit ...

Siri-Navi im Auto
Das kalifornische Start-up Magnifis arbeitet an 'Robin', einem Sprachassistenzsystem für Autofahrer. Die ...

Radarwarnung im Auto - oder?
Wir haben uns angesehen, welche technischen Hilfsmittel es gibt, um mit der korrekten Geschwindigkeit bei...

Android im Auto eine Gefahr?
Der Antiviren-Spezialist Kaspersky ist bei den 24 Stunden von Le Mans nicht nur als Sponsor eines Ferrari...

Computer übernimmt Einparken
Informatiker der Universität Koblenz-Landau haben einen Parkassistenten für PKWs mit Anhänger entwickelt,...