Aktuell  18.03.2013

Privatisierung durch Krise

Der Euro scheint gerettet, staatliches Eigentum allerdings nicht. Dieses steht nämlich zum Verkauf, zumindest nicht unerhebliche Teile davon.

In den von der Eurokrise schwer gebeutelten Ländern suchen die Regierungen Käufer für zahlreiche öffentliche Besitztümer, um somit frisches Geld in die Kassen zu spülen. Hinzu kommen Deregulierungsmaßnahmen. Der Widerstand in der Bevölkerung wächst angesichts der fragwürdigen Vorhaben. 'Es gibt durchaus sinnvolle Private-Public-Partnerships, aber die Bereiche Infrastruktur und Versorgung gehören ganz klar in staatliche Hand, denn diese sind letztendlich die Grundlage der Wirtschaft', erklärt Unternehmensberater Bernd Höhne.

Dem Thema der zunehmenden Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen hat sich das Transnational Institute (TNI) angenommen. In einem aktuellen Bericht hat der niederländische Think Tank die aktuellen Entwicklungen in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Irland, Großbritannien und Frankreich kritisch unter die Lupe genommen.

Eine detaillierte Auflistung aller geplanten Veräußerungen, Deregulierungen und darauf reagierende Kritik zeigt das Ausmaß der Entwicklung. Die Liste ist lang. Angefangen bei Flughäfen, Energieversorgern, der Wasserverwaltung über Krankenhäuser und das Postwesen bis hin zu berühmten Sehenswürdigkeiten und Häfen stehen zahlreiche Dienstleistungen und Objekte zum Verkauf bzw. werden Partner für Beteiligungen gesucht. Griechenland will sogar ausgewählte Inseln verpachten.

Die durch in Aussicht gestellte Privatisierungen erzielten Erlöse sind - gemessen an dem tatsächlichen Wert - gering, kritisiert das TNI. Doch der große Schuldenstand und die schwache Wirtschaftleistung der Mittelmeerstaaten zwingt zum Handeln. Italien erwartet beispielsweise Einnahmen in der Höhe von 571 Mrd. Euro, Griechenland rechnet mit 50 und Spanien 16 Mrd. Euro. Die Haushaltsverschuldung ist meist größer als die jährliche Wirtschaftleistung. Ob groß angelegte Veräußerungen allerdings der richtige Weg sind, ist fraglich.

'Der Staat ist mit seinem Angebot auf Kostendeckung und flächendeckende Versorgung bedacht, ein privates Unternehmen jedoch auf Profitmaximierung. Die Ziele beider Seiten sind ganz verschieden', so Höhne. Konzerne würden oftmals kurzsichtiger handeln als der Staat, Gebühren erhöhen und Wartungen vernachlässigen. Ein Rückkauf und Sanierung durch die öffentliche Hand komme dann sehr teuer.

pte/red


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