Politik  14.08.2013

ÖVP bietet Angriffsfläche

Mit den unreflektierten Aussagen von VP-Chef Spindelegger ergeben sich neue Chancen für Piraten und Neos, wenn es um Internet-Themen geht.

Michael Spindelegger bietet neuerdings gerne Stichworte an, die in Diskussionen eingeworfen, aber selbst auf Nachfragen hin nicht konkretisiert werden können. So geschehen bei der Vizekanzler-Diskussion auf Puls 4 mit Corinna Milborn.

So beiläufig tritt er für den Schutz von Kindern im Internet ein nach dem Vorbild von England oder den Diskussionen in Deutschland. Wenn die Moderatorin auf Details eingehen will, bleibt der Vizekanzler oberflächlich - aus Unwissen oder bewusster Ausblendung.

Letzteres hätte durchaus Grund. Hieße eine britische Lösung nämlich, dass Jugendschutz-Software zur Pflicht wird, entsprechende Infrastruktur de facto allen Benutzern untergeschoben werden muss. Ein Zensurmechanismus im Namen des Jugendschutzes, der damit ohnehin nicht zu bewerkstelligen wäre, würde über das Web gestülpt.

In einer technikfernen Zielgruppe werden die ÖVP-Wahlkampfthemen wohl durchkommen, der weitere Einschnitt in den privaten Bereich samt Zensurdrohung für das ganze Web sollte aber unter Intelektuellen und Internetaffinen für extreme Ablehnung sorgen. Damit tun sich neue Chancen für jene neuen Parteien auf, die das Internet als ihre Spielwiese entdeckt und genutzt haben. Wenn die Piraten von Links und die neos aus dem Zentrum hier fischen gehen wollen, wird das ein leichtes Spiel. Im Lagerdenken haben es die Piraten da freilich nicht so leicht, weil sie mit den Grünen konkurrieren, auch wenn dort die ureigenste Themenwelt angesprochen wird.

Noch aber dürfte man die unreflektiert ausgesprochenen Stichworte des Vizekanzlers nicht all zu ernst nehmen. Reaktionen auf die Aussagen sind schwach, selbst die Wirtschaft und Internet-Industrie hat die Wünsche nach Zensurmöglichkeiten und staatliche Kontrolle nicht beantwortet. Bis zum Wähler dürften die Argumente auch nicht durchgedrungen sein, vor allem nicht die schwerer zu kommunizierenden Gegenargumente. Wie so oft in der Netzpolitik.


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