Aktuell  20.06.2014

Biometrisches Login

Das Handy entsperrt sich nach Gesichtserkennung oder Iris-Kontrolle, die Bank überweist nach Fingerabdruck. Die Biometrie scheint Passwörter in Zukunft bei Zutrittskontrollen ablösen zu können.

Nach dem kürzlich bekannt gewordenen Hacking-Angriff auf das Online-Auktionshaus eBay, bei dem angeblich Millionen von Zugangsdaten gestohlen wurden, wird der Ruf nach sichereren digitalen Identifikationstechnologien immer lauter. Als sinnvolle Alternative zum herkömmlichen Passwortschutz raten Experten des Fraunhofer IGD vor allem zur Verwendung von biometrischen Systemen wie Fingerabdruck- oder Netzhaut-Scannern. Ein hauseigenes Forscherteam arbeitet an innovativen technischen Lösungen, die in biometrischen Systemen gespeicherte Referenzdaten der User wesentlich besser schützen sollen als bislang verfügbare Methoden.

Links & Fotos zum Text...

'Mit dem richtigen biometrischen Verfahren wäre es nicht notwendig gewesen, dass Millionen von Menschen ihre Passwörter ändern müssen', ist Alexander Nouak, Leiter des Bereichs 'Identifikation und Biometrie' am Fraunhofer IGD und Vorsitzender der European Association for Biometrics, überzeugt.

Science Fiction ganz real

Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er schon seit mehreren Jahren an deutlich sichereren Identifikationsverfahren. 'Wenn ich bedenke, wie viele Smartphone-PINs und PC-Passwörter ich kenne, ohne es zu wollen, einfach, weil die Nutzer diese viel zu offen vor mir eingegeben haben, dann bin ich sehr froh, dass ich mein Smartphone jetzt komfortabel mit meinem Finger entsperren kann', so Nouak, der Interessierte aus Politik und Industrie einlädt, sich einmal direkt über die Möglichkeiten der Biometrie zu informieren.

Der Vorteil des am Fraunhofer IGD entwickelten Ansatzes: Die Forscher verzichten gänzlich darauf, biometrische Daten als solche zu speichern. Stattdessen generieren sie mit Hilfe verschiedener Techniken und dem biometrischen Merkmal einen digitalen Schlüssel, der nichts mehr mit dem Körpermerkmal gemein hat.

Ist der neu erzeugte Schlüssel bei einem Vergleich - zum Beispiel bei der Anmeldung für einen Internetdienst - mit dem gespeicherten identisch, wird der Nutzer erkannt. 'Sollten Kriminelle jedoch diesen Schlüssel erbeuten, könnten sie damit nichts anfangen, denn zur Anmeldung bei einem Dienst bräuchten sie ja das ursprüngliche Merkmal', betonen die Experten.

Anonyme Biometrie

Mit unterschiedlichen Einstellungen würden sich aus ein und demselben Körpermerkmal zudem beliebig viele Schlüssel generieren lassen. 'Ein Gesicht, ein Finger oder ein Auge ergibt so eine unendliche Vielzahl an digitalen Schlüsseln', erläutert Nouak. 'So lässt sich dasselbe Körpermerkmal für die Anmeldung in verschiedenen Systemen verwenden, als ob man für jeden Dienst ein eigenes Passwort hätte', ergänzt der Wissenschafter.

Biometrische Erkennungsverfahren haben mittlerweile schon viele Bereiche des Alltags erobert, zum Beispiel werden sie mancherorts bei Grenzkontrollen eingesetzt. Einige Experten gehen sogar bereits davon aus, dass derartige Technologien den Einsatz von Passwörtern bald völlig überflüssig werden lassen.

Viele der derzeit verfügbaren Methoden stehen aber noch eher am Beginn der Entwicklung und müssen noch deutlich verbessert werden. Kritiker bemängeln allerdings, dass sich ein Fingerabdruck mindestens genauso leicht stehlen lasse wie ein Passwort. 'Eine Lösung wäre, mehrere biometrische Merkmale gleichzeitig zu erfassen und so die Sicherheit zu erhöhen', meint Fraunhofer-Forscher Nouak.

pte/red


Weiter in der Web-Version mit Fotos, Videos, Links und mehr...

#Forschung #Biometrie #Sicherheit

Auch interessant!
Fingerabdruck nicht eindeutig
Mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) wollen Ingenieure der Columbia University beweisen, dass Abdrücke v...

Kaum Passwortsicherheit
Führende Internetseiten wie Amazon und Wikipedia versagen, wenn es darum geht, ihre Nutzer dabei zu unter...

Tarnkappe gegen Gesichtserkennung
Forscher der Fudan University haben eine Baseball-Kappe entwickelt, die Infrarotlicht nutzt, um Gesicht...

Sichere Passwörter für das Internet
Es ist schon ein Krampf mit den Logins: Wählt man einfache Passwörter zum Merken, sind sie unsicher, wähl...

Lastpass statt Post-It-Passwörter
Können Sie sich keine Passwörter merken? Wollen Sie trotzdem sichere, verschiedene und einfach nutzbare P...

Türkamera mit Gesichtserkennung
Der zu Google gehörende Automatisierungsspezialist Nest hat nach der Veröffentlichung einer Innen- nun e...

Zahlen mit der Hand
Pulsewallet macht bargeldlose Bezahlung durch das Einscannen der Adern auf der Handfläche des Kunden mögl...

Gesichtserkennung funktioniert
Das Start-up FacialNetwork.com hat mit 'NameTag' die erste App für Google Glass vorgestellt, die eine Ec...

Bezahlen mit dem Gesicht
Gesichtserkennung ist mittlerweile auch ein Thema bei Login-Vorgängen und Sperrmechanismen am Smarthone. ...

Tattoo-Erfassung gegen Terror
Das Federal Bureau of Investigation (FBI) setzt im Kampf gegen das organisierte Verbrechen zunehmend auf ...

User-Erkennung statt Passwort
Das leidige Problem sicherer, aber einfach zu verwendender Passwortsysteme wird neu angegangen. Künftige ...

Windows Authentifizierung per Fingerabdruck
An der Integration von Biometrie für Windows arbeiten derzeit Microsoft und das US-Technologieunternehmen...

Iris-Erkennung fälschungssicher
Zwei britische Forscherteams um die Mathematiker John Daugman und Cathryn Downing von der University of C...