Zahlen & Daten  18.05.2015

Gewalt im Social Web

Wenn Nutzer im Social Web mit Nachrichten voll Gewalt konfrontiert werden, kann das traumatisieren. Das hat eine Studie der Psychologin Pam Ramsden von der University of Bradford ergeben.

Allein die äußerst lebensnahe Darstellung von Amokläufen oder Anschlägen kann demnach zu Symptomen führen, die einer Posttraumatischen Belastungsstörung ähneln. Bei fast einem Viertel der Studienteilnehmer hatten Gewalt-News auf Facebook und Co derart dramatische Auswirkungen.

'Soziale Medien haben ermöglicht, dass die Öffentlichkeit brutale Storys und anschauliche Bilder in ungefilterter, schrecklicher Detailform ansehen kann', so Ramsden. In den vergangenen Jahren haben Enthauptungs-Videos auf Facebook für Schlagzeilen gesorgt. Auch bei Amokläufen an Schulen oder Selbstmordanschlägen können viele Menschen dank sozialen Netzen fast wie live dabei sein. Das hat erschreckend oft dramatische Folgen für diese Nutzer, wie Ramsdens Studie mit 189 Teilnehmern ergeben hat.

Wenn Personen Schreckliches erleben, führt das oft zu einer posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Doch ein direktes Erleben ist offenbar gar nicht nötig, wie die Studie zeigt. Die Teilnehmer wurden dazu befragt, wie sie die 9/11-Anschläge und andere nachrichtenrelevante Schreckensereignisse, beispielsweise Selbstmord-Bombenattentate, in sozialen Medien und allgemein online erlebt haben.

Die Analyse hat ergeben, dass 22 Prozent der Befragten bei klinischen Kriterien für PTBS hohe Werte erreicht haben, obwohl sie kein persönliches Trauma erlebt hatten und auch bei den Schreckensereignissen nur via sozialer Medien dabei waren. 'Es ist ziemlich beunruhigend, dass fast ein Viertel derer, die diese Bilder gesehen haben, bei klinischen Werten für PTBS hoch punkten', meint Ramsden.

Besonders gefährdet waren der Studie zufolge einerseits Personen, die sich Gewaltereignisse besonders oft angesehen haben, aber auch kontaktfreudige, extrovertierte Menschen. 'Angesichts des immer breiteren Zugangs zu sozialen Medien und dem Internet dank Tablets und Smartphones, müssen wir sicherstellen, dass Personen sich der Gefahren des Betrachtens solcher Bilder bewusst sind und es geeignete Unterstützung für jene gibt, die sie benötigen', mahnt die Psychologin.

pte/red


Weiter in der Web-Version mit Fotos, Videos, Links und mehr...

#Studie #Social Media #Gewalt #Trauma #Gesundheit

Auch interessant!
Gesunde Riecher
Assistenzhunde könnten den nahenden Flashback einer Person mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)...

Bessere Noten ohne Facebook
Schüler und Studenten, die ihren Notendurchschnitt aufbessern wollen, müssen einfach weniger Zeit auf Fac...

Blutige Berühmtheiten
Amokschützen, die mit ihren Bluttaten berühmt werden wollen, erhalten von US-Medien deutlich mehr Aufmerk...

Killerspiele und Terror
Eine erfreulich neutrale Besprechung dieser Thematik findet sich in dem vorliegenden Youtube-Video. Ein g...

Krieg und Spielzeug
Der weltgrößte Spielzeughersteller Lego bietet Kindern immer öfter Sets mit Nachbildungen tödlicher Waffe...

Internet-Kompetenz für Schüler
Mobbing, Privatsphäre und andere Konfliktbereiche brauchen neues Wissen: Ein Wettbewerb lädt Schulklassen...

Einschlafen mit dem Smartphone
Selbst im Bett ist das Smartphone für viele noch ein treuer Begleiter, denn bis zu 83 Prozent der Besitze...

Facebook 50+
Menschen ab dem 50. Lebensjahr nutzen Facebook vermehrt, um alte Jugendlieben aufzuspüren. Zu diesem Erge...

Heilung ohne Arznei
Seelische Ursachen chronischer Krankheiten können anders als über Medikamente behandelt werden. Wie ein s...

Die Psyche in 50 Grauschattierungen
E. L. James' Bestseller 'Fifty Shades of Grey' könnte drastische Auswirkungen auf die menschliche Psyche ...

App erkennt Schizophrene
Die neue App 'Priori' von Forschern der University Michigan überwacht die eigenen spezifischen Stimmmuste...

Kritiken im Web als Psycho-Outing
Menschen, die im Internet eine Restaurantkritik verfassen, geben durch die Wahl ihrer Worte mehr von sich...

Skandalöse Abstumpfung
Schlagzeilen über Tragödien lassen die Laune von Menschen automatisch absinken und können die kognitiven ...