Europa  13.07.2015

Griechenland ist endlich bereit. Europa nicht.

Eine Befragung der Schuldner, ob sie die Gläubiger bezahlen sollen, war der letzte Höhepunkt der Unsinnigkeit. Nun scheinen die Wege in eine geordnete Zukunft sicher.

Aufreger Yannis Varoufakis ist zurückgetreten, Syriza-Abgeordnete entschuldigen sich und die Verhandler akzeptieren die Bedingungen an Griechenland, um neue Hilfe aus Europa zu bekommen. Gehen diese nun auch noch durch das Parlament, darf man der zuletzt so rücksichtslos agierenden Regierung Reue attestieren.

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Was nun noch fehlt sind allerdings drei Dinge. Noch eher leicht fallen dürfte europäische Unterstützung bei der Reformierung Griechenlands: Nicht mit Drohungen und Forderungen, sondern mit handfesten Hilfen und Expertise. Steuersystem, Kataster, Verwaltung... - alles Dinge, die man mit einer Expertengruppe und fertigen Konzepten aus anderen Ländern durchaus implementieren helfen könnte (Tsipras könnte im Gegenzug unserer Regierung zeigen, wie man innert drei Tagen das Pensionssystem reformieren kann - hier schafft man das in drei Jahrzehnten nicht).

Schon etwas komplizierter könnte es werden, wenn es um Wachstum und Arbeitsplätze geht. Hier geht es um Investitionen, Förderungen, Geld. Wie wäre es, wenn Europa in die griechische Infrastruktur investiert - 1 Euro für alle 2 eingesparten Euro als Belohnung retour? Das wäre nicht nur eine Geste, sondern auch eine Investition in unser aller Zukunft in Europa. Apropos Geste: Wo sind die großzügigen Unterstützungen für die leidende Bevölkerung in Griechenland aus Europa, während die Vorarbeiten andauern? Dafür zu sorgen, dass keine Lebensmittel und Medikamente ausgehen, während man um Milliarden Euro zankt, ist eine Geste aus der Portokasse, die Freunde macht.

Und das Dritte offene Element, das am schwierigsten umzusetzen sein wird, betrifft Griechenland nur am Rande. Es betrifft Europa insgesamt. Dass Griechenland überhaupt so weit aus dem Rahmen fallen konnte liegt daran, dass es noch immer kaum politische Zusammenführung gibt. Die Länder geben keine Macht ab, reden sogar vermehrt selbst in Europa mit (zuletzt in Griechenland sichtbar). Ziel muss nicht nur ein Europa mit Euro sein, sondern auch ein integrierter Kontinent mit einem demokratischen Parlament aller Europäer. Eines, das notfalls auch Transfers bestimmen kann, wo es notwendig ist. Aber auch eines, das abdriftende Bereiche schon abfangen kann, bevor es so weit wie in Griechenland ist. Es kann nicht sein, dass Merkel und Hollande hier für ganz Europa bestimmen, wie es weiter geht - die sind schließlich nur in zwei Ländern demokratisch legitimiert.

Alles Dinge, die noch viel größere Herausforderungen sein können, als die Einigung mit Griechenland es war. Aber leicht zu stemmen, wenn man das will: Man denke etwa an Kärnten in Österreich - rechnet man die Dimension hoch, dürfte Griechenland noch viel mehr verjuxen und trotzdem solidarisch aufgefangen werden. Folklore in heiterer Nationalstaatlichkeit darf man dabei allerdings gerne hintanstellen - auch hier der Vergleich mit Kärnten: Man stelle sich die Landesfürsten, die ja auch nicht gerade mit zu geringer Macht ausgestattet sind, vor, die sich gegenseitig darin übertrumpfen, um dem kärntner Kollegen neue Strafen für das Versagen aufzubrummen. Genausowenig sollten die Regierungschefs bestimmen, wie die europäische Strategie mit einem anderen Land wie Griechenland angelegt wird. Das muss eine Ebene darüber tun, dazu haben wir Europa ja.


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