Kommentar  23.05.2016

Dummheit in Zahlen gegossen

Alte Umfrageergebnis als brandaktuell verkauft, Auszählungsdaten und Hochrechnungen verwechselt - wie oberflächlich kann Statistik nur gebraucht (missbraucht?) werden?

Kurz vor der Wahl flattert noch die Gratiszeitung ins Haus und titelt mit aktuellen Zahlen zur Bundespräsidentenwahl. Im Kleingedruckten steht dann für jene Verwunderten, die von dem Verzicht von Umfragen kurz vor der Wahl wissen, dass die Daten über 10 Tage alt sind. Das ist in normalen Zeiten eine Ewigkeit, im vorliegenden Fall komplett daneben. Schließlich waren der Wechsel des Bundeskanzlers und eine Kindergartendiskussion mit medialen Folgen zwischen Befragung und Wahlergebnis.

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Wer glaubt, dass es dümmer nicht mehr geht, wird ein zweites Mal verwundert gewesen sein, als am Wahltag der Stichwahl dann munter Ergebnisse aus dem ministerialen Auszählungsstand mit Hochrechnungen der Meinungsforscher vermischt wurden. Dass die FPÖ hier eine Möglichkeit gefunden hat, sich selbst in Siegerposition noch als benachteiligt darzustellen, mag mit Strategie oder statistischem (Un-)Vermögen zusammenhängen. Die Rechenfähigkeiten im Team Strache hat sich auch am Tag danach noch nicht verbessert, wo auf Facebook eine Analyse der Wahlkarten schlappe 10 Prozentpunkte daneben liegt...

Dass aber aus der APA gleich ein Bundespräsident 'Hofer' tituliert wurde, der zwar im frühen Auszählungsstand knapp vorne lag, in allen Hochrechnungen der Gemeinden und in den Annahmen zur Briefwahl aber so eng bei Van der Bellen lag, dass eine Aussage nicht einmal mit vernünftigen Risiko zu machen ist, ist noch unverzeihlicher. Der Umgang mit solchem Zahlenmaterial war freilich in Social Media und diversen Sendern noch viel oberflächlicher.

Wir kennen schon das Unwissen allerorts, den mathematischen Unterschied zwischen Prozenten und Prozentpunkten erklären zu können. Auch die eingangs erwähnte Handhabe von Kleingedrucktem wie Erhebungszeitpunkt, Fallzahlen und Schwankungsbreiten ist durchaus schon öfter aufgefallen. Dass nun aber auch schon handfeste Zähldaten und umgerechnete Hochrechnungen in einen Topf geworfen werden, ist ein neuer Höhepunkt im Zahlenspiel rund um Politik und Wahlen.


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