Medien-Essenz  15.03.2022

Nachrichten versus Social Media

Das Grundrecht auf Information ist in Gefahr, warnt die UNESCO in einem aktuellen Bericht. Social Media werden demnach zu einer 'existenziellen Bedrohung' für traditionelle, zuverlässige Nachrichtenmedien, deren Geschäftsmodell 'kaputt' sei.

Dadurch sieht die Organisation auch auch das Recht auf Information gefährdet. Die COVID-19-Pandemie habe bestehende problematische Trends noch verstärkt. In den vergangenen fünf Jahren haben sich laut UNESCO sowohl Publikum als auch Werbung massiv Richtung Internet verlagert. Das hat große Auswirkungen: Die Werbeeinnahmen von Zeitungen halbierten sich in diesem Zeitraum, wodurch der klassische, kritische Journamlismus unter Druck geriet. Profiteure waren Google und Meta, die 2021 bereits rund die Hälfte aller weltweiten Werbegelder einnahmen. Gerade auf Metas Plattformen finden Menschen viele Inhalte und Stimmen - doch mangelt es diesen oft an jener kritischen Prüfung von Information, die Aufgabe klassischer Medien ist.

Die Pandemie verstärkte den Trend sinkender Werbeeinnahmen bei klassischen Medien noch, so der UNESCO-Bericht. Also verloren mehr Journalisten den Job, zusätzliche Redaktionen stellten den Betrieb ein. Besonders in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen sei es zu einem Vakuum in der Informationslandschaft gekommen. Dabei zeigte gerade die Pandemie das Problem der sozialen Medien auf: Im September 2020 waren laut COVID19 Infodemics Observatory auf Twitter über eine Mio. Posts mit ungenauen, unzuverlässigen oder irreführenden Informationen darüber im Umlauf.

Dabei ist Journalist ein undankbarer Job. Denn nicht zuletzt dank vermeintlicher Führungspersönlichkeiten, die mit äußerst schlechtem Beispiel vorangingen, wurde der Ton gegenüber Medienvertreten in den vergangenen Jahren rauer. Online-Gewalt gegen Journalisten ist mittlerweile fast Alltag, Frauen sind dabei besonders betroffen. Einer UNESCO-Analyse von 2021 zufolge waren schon mehr als 70 Prozent der Journalistinnen Online-Gewalt ausgesetzt. Ein Fünftel erlebte Offline-Gewalt in Verbindung mit Online-Drohungen.

Oft ist die Tätigkeit lebensgefährlich. Im Zeitraum 2016 bis 2021 hat die UNESCO Tötungen von 455 Journalisten in Zusammenhang mit ihrem Job erfasst, tätliche Angriffe gab es weitaus mehr. Eine Gefahr sind dabei nicht nur autoritäre Regime oder Behörden, die gegen Medienvertreter vorgehen, sondern auch vorgeblich um die Gesellschaft Besorgte. 'Eine beträchtliche Anzahl von Angriffen auf Journalisten wurde von Bürgern begangen, die an Protesten teilnahmen', vermerkt die UNESCO.

pte/red


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