Zahlen & Daten  13.03.2024

Politisch zynisch

Politische Wut und Zynismus in den sozialen Medien werden laut einer Studie der University of Michigan immer radikaler.

Laut der leitenden Wissenschaftlerin Ariel Hasell nutzen zum Beispiel viele US-Amerikaner das Social Web, um Informationen und Neuigkeiten über die Politik zu erfahren. Ein Großteil dieses Contents in den Feeds sei jedoch feindselig, grob und attackierend. Menschen, die online mehr politischen Angriffen ausgesetzt sind, werden auch politisch zynischer, so die Experten. Diese Ergebnisse basieren auf einer Panelbefragung von 1.800 erwachsenen US-Amerikanern, die während der Wahl 2020 durchgeführt worden war.

Die Wissenschaftler definieren politischen Zynismus als eine Haltung, die im Misstrauen gegenüber den Motivierungen der politischen Akteure ihren Ursprung hat. Diese Haltung geht weiter als eine gesunde Skepsis, betonten die Forscher. Dabei handle es sich um eine umfassende Ablehnung von Personen und Prozessen einer Demokratie. Dem zugrunde liegt die Auffassung, dass Politiker von korrupten, eigennützigen sowie persönlichen Interessen geleitet werden und nicht vom Dienst am Gemeinwohl. Sind soziale Medien die hauptsächliche Nachrichtenquelle, wird laut Hasell auch die Politik eher als feindselig und wütend wahrgenommen.

Neben den dadurch ausgelösten Gefühlen geht es dabei auch darum, wie die Menschen die Temperatur der öffentlichen Emotionen deuten. Denn das kann die Beurteilung des Wohlbefindens des Landes und seiner Fähigkeit Probleme zu lösen sowie Ziele zu erreichen, beeinflussen. Die Studienteilnehmer wurden hinsichtlich ihrer Nutzung der sozialen Medien befragt und ob sie dort mit politischen Attacken gegen Ex-Präsident Donald Trump und die Republikaner oder gegen den amtierenden Präsidenten Joe Biden und die Demokraten in Berührung gekommen sind. Zusätzlich sollten die Fragen das Ausmaß des politischen Zynismus und die Gefühle über den US-Staat als Land ermitteln.

Angst gilt als weiteres negatives Gefühl, das durch Unsicherheit, Risikovermeidung und Bedrohungen ausgelöst wird. Das gilt vor allem für Bedrohungen, die als vage, unbekannt und außerhalb der eigenen Kontrolle wahrgenommen werden. Politische Panikmache und die Toxizität der sozialen Medien können die Angstgefühle während einer Präsidentenwahl verstärken. Hasell betont jedoch auch, dass negative Gefühle für eine Demokratie nicht unbedingt schlecht sind. Sie können die Menschen auch zu mehr politischem Engagement motivieren.

Eine unablässige Negativität über den Zustand eines Landes als unter einer Bedrohung leidend, kann zu Frust, Unzufriedenheit und Loslösung führen, unterstreichen die Wissenschaftler. Die Studie verdeutlicht auch, dass der Kontakt mit politischen Angriffen, die in den sozialen Medien stattfinden, zu Angst, Wut und politischem Zynismus beitragen. Dabei ist jedoch die Wut das Gefühl, das mit dem Zynismus in Zusammenhang steht. Die Forschungsergebnisse wurden im 'International Journal of Press/Politics' veröffentlicht.

pte/red


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