19.12.2000 (Archiv)
Die leere Krippe
Was wir am Heiligabend im Evangelium hören, wird in der Weihnachtskrippe liebevoll ausgemalt.
Wir wissen, was dazugehört: Maria und Josef, Ochs und Esel, ein Engel, die Schafe - vor allem aber: die Futterkrippe mit dem Kind.
Alles kann wegfallen, aber das Kind darf nicht fehlen.
Als Franz von Assisi, drei Jahre vor seinem Tod, die Menschen zur nächtlichen Weihnachtsfeier in den Wald von Greccio einlädt,
da wird eine echte Futterkrippe aufgestellt.
Heu wird hineingelegt, Ochs und Esel werden herbeigeführt.
Wie ein heilsamer Schock soll die Armseligkeit der Szene wirken. Merkwürdigerweise wird dabei von Maria und Josef nichts gesagt.
Und noch merkwürdiger:
Die Krippe des heiligen Franziskus scheint leer gewesen zu sein.
- Zur ungefähr gleichen Zeit des Mittelalters sind die Glasfenster
der Kathedrale von Le Mans geschaffen worden.
Im dortigen Weihnachtsbild ist alles zu sehen, was dazu gehört:
Maria und Josef, Ochs und Esel und der gemauerte Krippentrog.
Aber die Krippe ist leer.
Das fehlende Kind in der Krippe gibt zu denken.
Geht es manchen Menschen mit Weihnachten nicht ähnlich?
Das Drumherum stimmt, aber die Mitte ist leer.
Weihnachten als Fest des Gemüts und der Zärtlichkeit,
als Fest der Zuwendung - aber ohne Christus.
Die leere Krippe stellt mir Fragen: Was steht für mich in der Mitte?
Was oder wer ist die Mitte der Kirche?
Das fehlende Kind in der Krippe gibt zu denken.
Sollte das fehlende Kind uns daran erinnern, dass wir selbst
Ort der Gegenwart Christi sind?
Dass unser eigenes Herz zur Krippe werden soll?
so wie Angelus Silesius dichtete:
'Wird Christus tausendmal zu Betlehem geboren, und nicht in dir;
du bleibst doch ewiglich verloren.' -
Als Franz von Assisi in jener Nacht vor der leeren Krippe predigte,
da tut er es mit solcher Leidenschaft und ist derart hingerissen,
dass plötzlich einer seiner Zuhörer eine Vision hat.
Er sieht in der Krippe das Jesuskind liegen -erst wie leblos.
Dann sieht er den heiligen Franz hinzutreten, und 'es war'
sagt die Lebensbeschreibung des Heiligen-
'als erwache jetzt das Kind aus dem Schlaf.'
Ist es nicht unser Dienst als Christen:
die Leere mit dem lebendigen Christus zu füllen?
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